Schüler*innen der Schreibwerkstatt laden zur Lesung und Buchpräsentation in der Kreisbibliothek Daun
Am 30. Oktober 2023 präsentierten Schüler*innen des GSG den Werkstattbericht der Schreibwerkstatt „Schulgeschichten-Schulgeschichte“ unter der Leitung der Autorin Hanna Jansen in der Kreisbibliothek Daun. Dort lasen sie Auszüge aus den ersten neun Kapiteln ihres Schulromans „Der Spind“, die im Projekt „Wörterwelten – Autorenpatenschaften an Schulen“ im Rahmen des Bundesprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ entstanden sind. Als Bündnispartner fungieren in diesem Projekt der Bundesverband des Friedrich-Bödecker-Kreises e.V. in Kooperation mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis Rheinland-Pfalz und Luxemburg e.V., die Kreisbibliothek Daun sowie das GSG.
Inspiriert wurde die frei erfundene Geschichte von einem Ereignis aus dem Jahr 1993, das die jungen Autor*innen bei Recherchen in der Schulchronik des GSG aufspürten. Ausgehend von einem Flugblatt, mit dem die damalige SV auf die Sparmaßnahmen der damaligen Landesregierung aufmerksam machte, erfanden die Schüler*innen einen Plot mit zwei Zeitebenen: Die Vergangenheitsgeschichte spielt in besagtem Jahr 1993 und wird aus der Sicht eines damaligen Schülers, der aufgrund von Intrigen die Schule vorzeitig verlassen muss, erzählt:
„Er saß in einem sonst leeren Zugabteil (…) Oliver wäre am liebsten geblieben! Wehmütig schaute er durchs Zugfenster. Ein letztes Mal auf die sanften, grünen Hügel mit den dahinterliegenden Wäldern. Er wollte nicht weg! Aber er musste. Die vergangenen Monate waren die Hölle gewesen. Endlose Verhöre bei der Polizei, dann eine Gerichtsverhandlung, die zum Glück nur mit einer Geldstrafe ausgegangen war (…). Am schlimmsten aber war, dass plötzlich niemand mehr zu ihm hielt, außer seiner Mutter. Seine Freunde und – das schmerzte ihn am meisten – sogar Sandra hatten ihm den Rücken gekehrt, und von Bekannten oder Nachbarn wurde er gemieden. Die hatten zwar nicht offen ausgesprochen, dass sie ihn für schuldig hielten, doch er hatte einige Male mitgekriegt, wie sie tuschelten und über ihn herzogen. Der totale Absturz! Er hatte sich nirgendwo mehr wohlgefühlt. Und das alles, obwohl er doch vollkommen unschuldig war!
Mittlerweile hatte er einen Verdacht, konnte sich vorstellen, was zu der Katastrophe geführt hatte. Es war Hass! Der Hass eines Freundes, der dazu bereit gewesen war, ihm alles zu nehmen, was er geliebt hatte: die Schule, seinen guten Ruf, seine Freunde, seine Zukunft. Und vor allem Sandra! Ja. Oliver war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass es eigentlich um Sandra gegangen war…
In der Eifel konnte er nicht bleiben. Hier wurden Gerüchte rasend schnell verbreitet und galten als unumstößliche Wahrheit. Er musste weg! Ein Jahr vor seinem Abitur! Er hatte davon geträumt, Medizin zu studieren, doch nun blieb ihm erstmal nichts anderes übrig, als sich mit Nebenjobs über Wasser zu halten. Wo, würde sich zeigen. Er hatte noch keinen Plan. Am Kölner Hauptbahnhof würde er weitersehen… Dahlem las er im Vorbeifahren auf dem Bahnhofschild. Das tat weh. In seine Traurigkeit mischte sich Wut. Wut auf seine ehemaligen Freunde, dem er das hier zu verdanken hatte. Irgendjemand musste die Sache aufklären. Irgendjemand würde es tun! Vielleicht ihr Vertrauenslehrer, Herr Sommer, der nach dem unheilvollen Tag sogar von seinem Posten zurückgetreten war? (…) Oder Sandra, die seine Freundin war und ihn gut kennen musste…
Köln Hauptbahnhof, er war angekommen, stand auf dem Bahnsteig und vor einer wichtigen Entscheidung. (…) Frankreich! Die Entscheidung war gefallen. In Frankreich konnte er zurechtkommen. Er würde den Nachtzug nach Paris nehmen. (…) Er starrte auf das Gleis, wo gerade der Talis einfuhr. Als der Zug hielt, las er die Aufschrift VOYAGES DES REVES. Traumreisen? Für ihn würde es sicher keine Traumreise werden. Trotzdem stieg er ein…“ (S. 54ff)
In der Gegenwartsgeschichte findet eine neue Schülerin, die vierzehnjährige Alice, in dem ihr neu zugewiesenen Spind immer wieder Hinweise, die auf das in der Vergangenheit geschehene Unrecht hinweisen. Zusammen mit dem Sohn des Schulleiters, Luca, begibt sie sich auf eine spannende Spurensuche, ohne zu ahnen, dass diese „alte“ Geschichte auch sie beide betrifft:
Etwas später saß sie auf einer Bank auf dem Schulhof und wartete ungeduldig auf Luca, mit dem sie verabredet war. Ihr Bus kam jeden Morgen eine halbe Stunde zu früh, während Luca sich gewöhnlich für seinen kurzen Schulweg Zeit ließ. Aber er hatte versprochen, heute auch früher da zu sein. Sie dachte daran, wie er sich gestern mit einer Umarmung von ihr verabschiedet hatte, und die Spannung in ihr wuchs. Waren sie jetzt zusammen? Sie war unsicher, weil sie noch nie einen Freund gehabt hatte.
Endlich schlenderte er auf sie zu, das vertraute Grinsen im Gesicht. Sie konnte es kaum erwarten, ihm von dem mysteriösen Flugblatt zu erzählen. Hey Alice, was geht?“, fragte er lässig und ließ sich neben sie auf die Bank fallen. Alice` Augen funkelten. „Du glaubst nicht, was mir passiert ist!“ Hastig kramte sie das vergilbte Flugblatt hervor und hielt es ihm hin. „Was ist das? Ein historisches Relikt?“, witzelte er und nahm es ihr ab, um es genauer zu betrachten. „Sieht nach irgendeiner Protestaktion aus“, stellte er verblüfft fest. „An unserer Schule? Das muss in einem anderen Leben gewesen sein. Davon habe ich noch nie etwas gehört!“
„Genau! Und weißt du, wo ich es gefunden habe? In meinem Spind!“, erklärte Alice eifrig. „Ich frage mich, wie es da reingekommen ist. … (S. 57f.)
In der Bibliothek trugen die Schüler*innen Auszüge aus den bisher fertiggestellten Kapiteln den anwesenden Eltern, Freunden und Lehrer*innen des GSGs vor und führten souverän durchs Programm. Der Bundesvorsitzende des Friedrich-Bödecker-Kreises Malte Blümke brachte das druckfrische Werk, das im mitteldeutschen Verlag erschienen ist, zur Präsentation mit und überreichte den Beteiligten ihre Exemplare. Vorher nahm er in seinem Grußwort Bezug auf die Ereignisse von 1993, die er selbst als damaliger Lehrer am GSG miterlebt hatte.
Unter Hanna Jansens Leitung werden die Jungschriftsteller den Roman in weiteren Werkstätten zu Ende schreiben. Auch Niklas Schütte, der als professioneller Grafiker und Illustrator mit den Schülern Covervorschläge und Illustrationen von Symbolen sowie handelnden Figuren entwickelt hat, wird weiterhin das Projekt begleiten. Der fertiggestellte Roman wird dann voraussichtlich im Jahre 2024 im Eifelbildverlag veröffentlicht.