Es ist mittlerweile bereits Tradition, dass die DDR-Zeitzeugin Elke Schlegel aus Koblenz das Geschwister-Scholl-Gymnasium am Ende jedes Schuljahres besucht, um von ihren Erfahrungen in der DDR-Diktatur zu berichten.
Am 4. Juli 2024 hatten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10a im Unterricht die Gelegenheit, Geschichte unmittelbar, lebendig und authentisch zu erfahren: Elke Schlegel, geboren und aufgewachsen in Jena, berichtete auf emotionale Weise von ihrem ergreifenden Schicksal: Ab 1983 stellten sie und ihr späterer Ehemann mehrfach Ausreiseanträge in den Westen und demonstrierten mit Jenaer Regime-Gegnern des „Weißen Kreises“. Das Leben im Osten Deutschlands war für sie unerträglich geworden: Weder stand ihnen „die Welt offen“, wie man es ihnen bei der sogenannten „Jugendweihe“ gerne prophezeite, noch konnten sie die demokratischen Freiheitsrechte genießen, die für die Bundesbürger in Westdeutschland selbstverständlich waren. Nach der Einreichung des Ausreiseantrags spürten Frau Schlegel, ihr Freund sowie ihr kleiner Sohn am eigenen Leibe, was die DDR unter „Zersetzungsmaßnahmen“ verstand: In ihren Berufen blieben den Eltern jegliche Aufstiegschancen verwehrt; ihr Sohn wurde in der Kinderkrippe von den Erzieherinnen stark vernachlässigt, wodurch ihm psychische wie physische Schäden zugefügt wurden. Spätestens jetzt war Elke Schlegel klar, dass ein Verbleiben in der Deutschen Demokratischen Republik keine Option mehr war. Überraschenderweise wurde die Ausreise genehmigt, doch dann wurde Frau Schlegel von ihrem eigenen Bruder verhaftet und wegen „Versuchter Republikflucht“ zu 18 Monaten Haft im Frauengefängnis Hoheneck verurteilt. Kontakt zu ihrem Sohn war unmöglich. Die Bedingungen in diesem „Zuchthaus“ waren menschenverachtend: Die Häftlinge erfuhren körperliche wie seelische Gewalt, die die Betroffenen bis heute verfolgt. Schließlich wurde Elke Schlegel wegen Unterernährung von der Bundesrepublik freigekauft.
Heute lebt sie in Koblenz und steht rheinland-pfälzischen Schulen als Zeitzeugin über das DDR-Zeitzeugenportal (www.ddr-zeitzeuge.de oder www.zeitzeugenbuero.de) zur Verfügung. Somit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und zur Demokratisierung unserer Jugend.
Das GSG Daun dankt Frau Schlegel ganz herzlich für ihr Kommen und ihre Bereitschaft, offen mit der Klasse 10a über ihre Vergangenheit und deren Auswirkungen auf ihre Gegenwart zu sprechen. Diese Geschichtsstunde wird den Zehntklässlerinnen und Zehntklässlern sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben!
V. Freund-Donnhauser