DDR‑Zeitzeugin Elke Schlegel zu Gast am GSG Daun

Trotz der drückenden Sommerhitze machte sich die DDR-Zeitzeugin Elke Schlegel aus Koblenz am 1. Juli 2025 auf den Weg ans GeschwisterSchollGymnasium Daun, um der 10. Klasse von Frau FreundDonnhauser im Geschichtsunterricht von ihren dramatischen Erlebnissen im Frauengefängnis Hoheneck zu berichten.

Wer ist Elke Schlegel?

Elke  Schlegel, geboren 1958 in Jena, engagierte sich in den frühen 1980er Jahren öffentlich für ein freies, selbstbestimmtes Leben in der DDR, das es dort so nicht gab: „Als Jugendliche sagte man mir: ‚Die Welt steht dir offen!‘ Das war blanker Hohn! Denn uns stand nichts offen — nur die Sowjetunion!“, erinnerte sie sich. Zusammen mit ihrem damaligen Lebensgefährten stellte sie mehrere Ausreiseanträge und beteiligte sich an Protesten des sogenannten „Weißen Kreises“ gegen das SED‑Regime. Im März 1983 wurde sie überraschend verhaftet und kurze Zeit später wegen „ungesetzlicher Verbindungsaufnahme“ zu eineinhalb Jahren Haft im Frauenzuchthaus Hoheneck (Stollberg/ Sachsen) verurteilt. Ihren zwei Jahre alten Sohn musste sie zurücklassen. Ihr Lebensgefährte wurde ebenfalls verhaftet.

Dank einer Freikaufaktion der Bundesrepublik Deutschland wurde die stark untergewichtige Inhaftierte im September 1984 aus der Haft entlassen. Auch für ihre kleine Familie gab es glücklicherweise ein Happy End, denn Frau Schlegel, ihr Sohn und ihr Lebensgefährte wurden wiedervereint. Heute lebt Elke Schlegel in Koblenz, engagiert sich als Zeitzeugin und wurde 2020 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik geehrt.

Der Mehrwert von Zeitzeugengesprächen

Frau Schlegel schilderte eindringlich, wie sie als politische Gefangene unter menschenunwürdigen Bedingungen im Frauenzuchthaus Hoheneck leben musste: Sie erinnerte sich an überfüllte Zellen, harte Zwangsarbeit sowie die vielen körperlichen Strafen bei Arbeitsverweigerung. Auch psychische Schikanen und Demütigungen standen auf der Tagesordnung.

Die interaktive Begegnung mit Frau Schlegel bot den Schülerinnen und Schülern weit mehr als jede Schulbuchlektüre: Sie konnten ihr direkt Fragen stellen und spürten die emotionale Wucht ihrer Geschichte hautnah. Solche Gespräche stärken das historische Bewusstsein – sie machen Demokratie, Freiheit und Menschenrechte greifbar und mahnen zugleich, diese nicht als Selbstverständlichkeit hinzunehmen.

Frau Schlegel bedankte sich für das große Interesse der Klasse und gab allen Anwesenden am Ende eine wichtige Botschaft mit auf den Weg: „Bedenkt dies: Eine Demokratie ist nichts Selbstverständliches und muss gepflegt werden.

Unser großer Dank gilt Frau Elke  Schlegel für ihren offenen, bewegenden Bericht und ihr unermüdliches Engagement. Ihr erneuter Besuch am GSG hat bei uns nachhaltige Eindrücke hinterlassen und die Bedeutung von Freiheit und demokratischer Partizipation eindrücklich vor Augen geführt.

Wir freuen uns auf weitere Zeitzeugengespräche, die unsere Schülerinnen und Schüler nicht nur informieren, sondern auch emotional erreichen und somit zentral sind für eine lebendige, zukunftsfähige Schulbildung.

Verena Freund-Donnhauser

Methodentraining der MSS 11 Geschichte

Drei Tage intensives wissenschaftliches Arbeiten, historische Spurensuche und bewegende Begegnungen

Wir Schülerinnen und Schüler des Geschichtsleistungskurses der MSS 11 des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Daun haben uns im Rahmen eines Methodenprojektes zur Förderung unserer wissenschaftlichen Kompetenzen an verschiedenen Stationen weiterbilden dürfen. Unser Ziel: Geschichte spüren.

Was haben wir in dieser kurzen Zeit alles für uns mitnehmen können? Warum reicht es dabei nicht, Geschichte nur aus Schulbüchern zu kennen und warum sollte der Unterricht deswegen über das Klassenzimmer hinaus geöffnet werden?

Tag 1: an der Junior Uni Daun:

Angeleitet durch den Historiker Dr. Boris Olschewski (Universität Trier) sind wir dank einer Kooperation mit der Junior Uni Daun unmittelbar in die wissenschaftliche Arbeit eingetaucht. Dabei stellten wir uns die Frage: Können wir Geschichte wirklich nur durch von Herausgebern vorinterpretierte Texte begreifen? Der Antwort darauf näherten wir uns ohne Notendruck mit einer theoretischen Einführung in verschiedene wissenschaftliche Vorgehensweisen, bevor es dann an der Zeit war, unser Wissen praktisch anzuwenden. Diese Erfahrung hat uns gelehrt, vernetzt zu denken und Geschichte als Konstrukt wahrzunehmen. Als angehende JuniorhistorikerInnen wurden uns dafür die nötigen Werkzeuge an die Hand gegeben.

Tag 2: Mayen:

Mit dem erworbenen Wissen im Gepäck machten wir uns an Tag zwei auf den Weg in die geschichtsträchtige Kulturstadt Mayen, wo unsere Reise im Stadtarchiv losging. Stadtchroniken, Gefallenenlisten, erschreckende Zeitungsberichte. Fakten, Zahlen, Namen — doch dahinter? Leben, die ausgelöscht wurden. Das Hauptaugenmerk unserer Recherchen lag auf dem 2. Januar 1945, an dem siebzig Bomber die Achtzehntausend-Seelen-Stadt Mayen in eine Trümmerlandschaft verwandelten. Über 200 Menschen fielen dem Bombardement zum Opfer, ca. 87% der Stadt wurden zerstört: Der Angriff war so verheerend, dass Mayen zur „toten Stadt“ erklärt wurde.

Eine besondere Ehre war es, mit dem Zeitzeugen Heinz Schäfer den Luftschutzbunker unter der Genovevaburg zu betreten, in dem er mit nur acht Jahren auf engstem Raum mit tausenden anderen Menschen vor dem Bombenangriff Schutz suchte. „Die Menschen schrien und weinten. Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm kam durch die Gänge und schrie: ‚Wem gehört dieses Kind?‘ Es hatte wohl in dem Gedränge seine Eltern verloren.“ Er zeigte uns die Stelle, an der er selbst vor achtzig Jahren als Junge saß, während Bomben auf die Stadt nieder hagelten: „Hier. Genau hier.“  Seine Erzählungen hallen in uns nach und lassen uns die Schrecken des Krieges auf eine Weise nachempfinden, wie es kein Geschichtsbuch könnte.

Wir sprechen Heinz Schäfer unseren tiefempfunden Dank für seine wertvolle Arbeit aus. Als Zeitzeuge einer von Krieg zerstörten Gesellschaft erinnert er uns an die Bedeutung einer aktiven Erinnerungskultur und den Wert von Demokratie. Es liegt nun an uns, die Lehren der Vergangenheit zur Gestaltung unserer Zukunft zu verwenden. 

Wir möchten unseren Beitrag in diesem Sinne mit Heinz Schäfers Mahnung beenden: „Wählt weise!

Ruben Ballmann, Robin Frenzel, Leon Konrad und Marc Michels (stellvertretend für den Geschichts-Leistungskurs der MSS 11)

Ein von uns erstelltes Video verdeutlicht unsere Erfahrungen zusätzlich auf visuelle Weise.

Bombenkrieg in Daun – Thema im Geschichtsunterricht der Klasse 10 a/b

Die Klasse 10a/b erforscht den Bombenkrieg in ihrer Heimat

In einem interessanten Projektunterricht der bilingualen Klasse 10a/b standen der Bombenkrieg des Zweiten Weltkrieges und die komplexe Frage im Mittelpunkt, ob jemand zugleich Täter und Opfer sein kann. Dabei bildete vor allem der regionalgeschichtliche Bezug zur Stadt Daun eine Identifikationsmöglichkeit für die Lernenden. Im Folgenden fassen drei Schülerinnen die gesammelten Erkenntnisse eindrücklich zusammen: 

Der Bombenkrieg während des Zweiten Weltkrieges – ein Stück Regionalgeschichte

Innerhalb der letzten Stunden des bilingualen Geschichtsunterrichtes setzten wir, die Klassen 10a und 10b, uns intensiv vergleichend mit den Bombenangriffen in London, Coventry und schließlich unserer Heimatstadt Daun auseinander.

Die deutschen Luftangriffe auf London, „London Blitz“ genannt, begannen mit dem 7. September 1940 und erstreckten sich über einen Zeitraum von insgesamt acht Monaten. Während dieser Zeitspanne bombardierte die deutsche Luftwaffe die britische Hauptstadt täglich, vor allem in der Nacht, was dazu führte, dass mehr als 20.000 Zivilisten ihr Leben verloren. 

Ziel der Bombardements war es, die britische Bevölkerung zu zermürben und die Industrie- sowie die zivilen Zentren zu zerstören. Die ununterbrochenen Angriffe führten dazu, dass ein Drittel der Hauptstadt zerstört wurde und viele Menschen ihre Wohnungen verloren.

Ernie Pyle, ein Korrespondent des Zweiten Weltkrieges, berichtet dazu: „Ungefähr alle zwei Minuten flog eine neue Welle an Flugzeugen vorbei. […] Sie waren überall in London […].“ Ebenso erzählt er, wie „zwei Dutzend [Brandbomben] in zwei Sekunden losgingen.“

Ein Großteil der Bewohner Londons zog sich während der nächtlichen Bombardierungen in die nahegelegenen U-Bahn-Stationen zurück. Neben der Trauer und Verzweiflung entstand dadurch ein Zusammenhalt unter den Schutzsuchenden.

Nach dem missglückten Versuch, die Bevölkerung in Angst und Chaos zu treiben, zielte die deutsche Luftwaffe am 14./15. November 1940 Coventry, eine zentralgelegene Stadt in England, an. 500 deutsche Bomber warfen in zehn Stunden 500 Tonnen Sprengstoff und fast 900 Brandbomben auf die Stadt. Ziel des Angriffs war es, die Munitionsfabriken und die industrielle Infrastruktur zu zerstören.

Die Stadt Daun wurde vom Kriegsgeschehen lange verschont. Die Versorgung der Bevölkerung war zu Beginn des Krieges gesichert und die Menschen wurden hauptsächlich durch die Sterbeanzeigen und Gottesdienste für die gefallenen Soldaten mit dem Kriegsgeschehen konfrontiert. Der Krieg schien also weit weg. Auch als am 10. Juli 1943 die ersten zwei Bomben in der Nähe der heutigen Tennisplätze fielen, beunruhigte dies die Dauner Bürger noch nicht so sehr.

  Mit dem Jahr 1944 sollte sich dies jedoch ändern. Seit dem Frühjahr überflogen große Bomberverbände der amerikanischen Luftflotte die Eifel regelmäßig. So auch am 19. Juli 1944. Am frühen Morgen startete die achte Luftflotte der US-Luftwaffe von Chelveston, nahe Coventry/England, nahm Kurs auf Deutschland und zielte hauptsächlich Industrieanlagen und Flughäfen im Süden und Südwesten des Landes an. Auch die Bahnanlagen der Stadt Daun waren ein weiteres Ziel des Angriffs. Jedoch verfehlten die elf B-17-Bomber diese, und so gingen 130 Bomben mit einer Sprengkraft von 27,5 Tonnen im Zentrum der Stadt nieder. Zeitzeuge Franz Molitor berichtet, dass „der gleichzeitige Aufschlag aller Bomben eine einzige furchtbare Detonation darstellte.“ Laut einem Bericht der Amtsverwaltung Daun war das ganze Ausmaß der Zerstörung erst zu erkennen, als die Rauch- und Staubwolke abgezogen war.

Die Stadt glich einem Trümmerfeld. Zahlreiche Wohn- und Geschäftsgebäude wurden so schwer zerstört, dass sie unbewohnbar waren. Weitere waren stark beschädigt. An diesem Tag verloren 297 Menschen ihr Zuhause. 65 Menschen, darunter 27 Kinder, starben beim schwersten Luftangriff auf Daun bzw. infolgedessen, 132 weitere Personen wurden verwundet. Auch die Großtante unserer Geschichtslehrerin, Hedwig Adams, kam bei der Bombardierung der Adler-Apotheke ums Leben. Ihre Schwester Ottilie berichtete uns mittels einer Sprachaufnahme von diesem tragischen Verlust. Die Bergung der Toten und Verletzten war laut Zeitzeugenberichten grauenvoll. Die 10-jährige Zeitzeugin Marlies Hilgers, die mit einigen kleinen Verletzungen davonkam, erzählt von Soldaten, die bei den Aufräum- und Bergungsarbeiten zur Hilfe kamen und sie um die Identifizierung eines toten Kindes baten. „Es war meine Spielkameradin Marianne Schwoll; ich erkannte sie nur noch an ihren schönen blonden Locken.“

Auf diesen schweren Bombenangriff folgten noch 20 weitere, die die Stadt fast ganz zerstörten. Der damalige 1. Amtsbeigeordnete Michel Reineke berichtet 1946 von einem Bild der „Verwüstung und Verheerung. 80 Prozent der Gebäude waren durch Kriegseinwirkungen beschädigt, 87 Gebäude total zerstört.“

Durch den regionalen Bezug wurde das Thema der Unterrichtseinheit deutlich verständlicher und präsenter. Trotzdem war es für uns kaum vorstellbar, dass die Stadt, in der wir täglich den Unterricht besuchen, vom Krieg so schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde so und viele Menschen, vor allem Kinder, ihr Leben verloren. 

Basierend auf den im Unterricht erarbeiteten Inhalten beschäftigte uns abschließend die Frage, ob man zugleich Täter und Opfer der Bombardements sein kann.

Nach den Angriffen auf die drei exemplarisch ausgewählten Städte bleibt festzuhalten, dass auf beiden Seiten viele zivile Opfer durch den Krieg ihr Leben verloren haben und es auch weiterhin wichtig ist, dieser Opfer zu gedenken.

Betrachtet man die Situation jedoch aus verschiedenen Perspektiven kritisch und differenziert, stellt man fest, dass eine Darstellung des deutschen Volkes ausschließlich als Opfer, gerade in Bezug auf die Rolle der Deutschen in dem von ihnen ausgegangenen Angriffskrieg, zu einseitig wäre.

Carina Daun, Emma Lätsch und Maleen Thurn, 10b

Erinnerungskultur: Ein Auftrag für die Gegenwart

Dieses Projekt zeigt eindrücklich, warum regionalhistorische Themen im Geschichtsunterricht so wichtig sind. Geschichte wird greifbar, wenn sie im Umfeld der Schülerinnen und Schüler spürbar wird, und die Verbindungen zur heutigen Welt bleiben lebendig. Die Klasse lernte, dass eine differenzierte und reflektierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unabdingbar ist, um Pauschalisierungen und Verzerrungen zu vermeiden. Zudem unterstreicht dieses Projekt die Bedeutung der Erinnerungskultur: Nur durch das Bewahren und die kritische Reflexion unserer Geschichte können zukünftige Generationen aus vergangenen Fehlern lernen.

Weitere Informationen zur Bombardierung von Daun können unter folgendem Link abgerufen werden: https://stadt-daun.de/wp-content/uploads/2019/07/9_45Uhr-Gesamt.pdf (letzter Zugriff: 16.11.24). 

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